Hintergrundmaterial zu Mythos

Brea MacLoughlin in Kismayoo, Somalia

Die Steinigung
Die brutale Hinrichtung einer angeblichen Ehebrecherin, deren Zeuge Brea MacLoughlin in Kismayoo wird, hat unter den beschriebenen Umständen tatsächlich stattgefunden. Laut Amnesty International handelte sich um die 13jährige Aisha Ibrahim Duhulow. Einen Bericht darüber findet man auf der Homepage von AI (http://www.amnesty.org.nz/archived_news/Somalia-Girl-stoned-was-a-child-of-13) oder z.B. auf dem Seiten der BBC (http://news.bbc.co.uk/2/hi/7708169.stm). Journalisten aus dem Ausland waren allerdings nicht dort.

Der Bürgerkrieg in Somalia
Die Situation in Somalia war und ist seit Jahren völlig chaotisch. Die Fronten in dem Konflikt, den man getrost einen Bürgerkrieg nennen darf, ändern sich ständig. Das hängt insbesondere mit der Clan-Struktur der Gesellschaft zusammen. Es gibt Clans und Unter-Clans, die sich wieder in diverse Zweige aufspalten. Und je nachdem, wie die Chancen für das Oberhaupt eines Unter-Clans stehen, die Kontrolle über eine Stadt, ein Gebiet oder ganz Somalia zu bekommen, geht er Allianzen über die Clan-Grenzen hinweg ein.
Ein somalisches Sprichwort gibt dies gut wieder: Ich und Somalia gegen die Welt; ich und mein Clan gegen Somalia; ich und meine Familie gegen den Clan; ich und mein Bruder gegen die Familie; ich gegen meinen Bruder.
In der Realität bedeutet dies: Ein Unter-Clan vom Clan A verbündet sich mit einem Unter-Clan von Clan B gegen andere Unter-Clans vom eigenen Clan A, wenn es ihnen einen Vorteil verschafft. In Kismaayo hatten sich zum Beispiel zu der Zeit, in der der Roman spielt, Angehörige des Mareexaan-Clans und des Ogadeen-Clans, die alle zum großen Darood-Clan gehören, mit Mitgliedern des Habr-Gedir-Clans verbündet, die eigentlich zum großen Hawiye-Clan gehören. Gemeinsam hatten sie einen Warlord verjagt, der über Kismaayo und die Umgebung geherrscht hatte, obwohl er als Angehöriger des Harti-Clans auch zum großen Darood-Clan gehörte. Da die Clans sich Vorteile davon versprachen, arbeiteten sie auch mit den islamistischen Fundamentalisten der Al-Shabaab zusammen. In Kismayoo hatten sie die Kontrolle über die Stadt unter sich aufgeteilt. Die Clans sollten die Kontrolle über den Hafen und die Region behalten, die Islamisten erhielten jeweils 30 Prozent der Einkünfte. Außerdem wurden die Medien von ihnen kontrolliert. Dann begannen die Islamisten, einflussreiche Clan-Älteste zu erpressen, zu verhaften oder zu ermorden.
Die meisten Islamisten der Al-Shabaab, die als Jugendorganisation der sogenannten Union Islamischer Gerichte entstanden war, gehören zum Ary-Zweig des Habr-Gedir-Unter-Clans, der zum Hawyie-Clan gehört. Auch die Islamisten der Union Islamischer Gerichte, die eine Weile große Teile Somalias kontrolliert hatten, waren überwiegend Hawyie-Leuten. In der Regierung in Mogadischu saßen dagegen vor allem Darood-Leute. Obwohl allerdings auch einige Angehörige des Hawyie-Unter-Clans Abgaal dort wichtige Positionen besaßen.
Also kämpften zu dieser Zeit vor allem Angehörige von Unter-Clans der Hawyie gegen Angehörige der Unter-Clans der Darood, wobei aber auf beiden Seiten jeweils einzelne Zweige der Unter-Clans auf der jeweils anderen Seite standen.
Als wenn das nicht schon kompliziert genug gewesen wäre, es ging noch schlimmer. Die Islamisten der Al-Shabaab waren nicht damit einverstanden, dass die Union Islamischer Gerichte mit dem Präsidenten in Mogadischu, einem gemäßigten Islamisten, verhandeln wollten, der immerhin bereits die Scharia in ganz Somalia eingeführt hatte, um den Fundamentalisten entgegenzukommen.
Zu diesem Durcheinander kommt noch hinzu, dass die Somalier mehrheitlich Anhänger des Sufismus sind. Sie tanzen und musizieren aus Freude über die Gegenwart Gottes und pflegen die Gräber ihrer Heiligen. Das passt aber den Al-Shabaab-Leuten und der Union Islamischer Gerichte nicht. Diese sind Anhänger der Wahhabiya, also konservative islamische Orthodoxe (fundamentale Salafisten). Die Stadtregierung in Kismaayo unter den Al-Shabaab ließ mehrere Sufi-Heiligtümer zerstört. Daraufhin organisierten viele der zuvor friedlichen Sufi-Sheiks Widerstand und verjagten Al-Shabaab-Gruppen aus einigen Regionen. Außerdem waren viele Menschen wütend auf die Islamisten, weil die versuchten, Khat zu verbieten. Khat ist in Somalia eine Alltagsdroge. Viele Menschen kauen die amphetaminhaltigen Blätter des Strauchs.

Die Bajuni
Die Bajuni in Kismayoo sind eine alte, kleine ethnische Gruppe von Fischern und Schiffern, die als die Gründer der Stadt gelten. Sie werden von den somalischen Clans diskriminiert, seit diese dort eingewandert sind.

Die FAHRO
Die Fanole Human Rights Organisation & Development Organization (FAHRO) kümmert sich um Not leidende Menschen in Somalia und Kenia.

<< zurück